, Präsidium (Scherer Martin)

Interview zum Neustart: Bruno Thomann

Gerne erinnere ich mich an seinen Auftritt am Seeländischen Musiktag in Detligen und hoffe, schon bald wieder an solchen Anlässen dabei sein zu können. Als kleines Trostpflaster dürften die Antworten von Bruno Thomann in unserem dritten Interview nicht nur mich und seine Kolleginnen und Kollegen der Stadtmusik Biel interessieren.

 

Frage: Bruno Thomann, wie stark warst du persönlich von der Pandemie betroffen und wie geht es dir heute?

Antwort: Im privaten Umfeld hatten wir zum Glück keine positiven Fälle, und alle anderen Einschränkungen kennen wir alle zur Genüge. Grössere Sorgen mache ich mir vor allem wegen der jüngeren Generation, die unter den wirtschaftlichen Folgeschäden leiden wird.

Da ich wegen Kundenprojekten im Ausland unterwegs war, habe ich habe mich mehrmals Testen lassen. Die ganzen Besuchseinschränkungen haben die Verkaufsaktivitäten erheblich erschwert, es ist in unserem Segment wichtig, die Gespräche mit dem Kunden vor Ort zu führen, sich auszutauschen und direkt an den Produktionsanlagen zu Unterstützen. Ein grosser Teil davon findet nun per Telefon statt, aber neue Akquisen sind so praktisch unmöglich. Verglichen mit anderen Branchen wie der Gastronomie geht es uns aber immer noch sehr gut….

F: Als einer der versiertesten Klarinettisten im Seeland, langjähriger Präsident und “Urgestein” der Stadtmusik Biel leitest du als Geschäftsführer das Technologieunternehmen “swiss dispensing ag”. Welche Ängste, Albträume oder Szenarien haben dir im vergangenen Jahr am meisten zugesetzt?

A: Auch in unserem Unternehmen führten wir während ein paar Monaten Kurzarbeit ein, da sich die Auftragslage verschlechtert hatte. Im vergangenen Jahr hat mir vor allem diese Ungewissheit zu schaffen gemacht. Als nicht-Virologe und absoluter Laie in dem ganzen Corona-Thema war es mir nicht möglich, mir ein eigenes Bild bezüglich der Situation zu schaffen, ein Abwägen der realen Risiken und Gefahren war deshalb sehr schwierig. Die fehlenden Werkzeuge und Möglichkeiten, um die Situation richtig einzuschätzen hat mich stark beschäftigt.

Heute bin ich zuversichtlich, dass wir mit swiss dispensing durch diese Krise kommen, wir haben unsere Verkaufsstrategie der speziellen Lage angepasst und ich hoffe auch stark auf eine positive Entwicklung in den nächsten Monaten durch die nun möglichen Impfungen.

F: Welche Erkenntnisse und Erfahrungen wirst du mitnehmen?

A: Diese Krise kam für mich aus dem Nichts und hat mich persönlich vollkommen überrascht. Nie hätte ich gedacht, dass eine Pandemie ausbrechen könnte und unser Leben derart beeinflusst und dominiert, ganze Wirtschaftszweige hinuntergefahren werden und die Notfallabteilungen in den Spitälern an den Rand der Kapazitäten gelangen.

Ich will jedoch nur die positiven Erfahrungen mitnehmen – sonst müssten wir ja hinter jeder Ecke eine neue Pandemie vermuten.

Durch die verschiedenen Hobbies die ich pflege, war ich eigentlich zu keiner Zeit stark eingeschränkt oder unterbeschäftigt, einzig die Kontakte in Freundeskreisen kamen zu kurz.

F: Wird die Pandemie einen Einfluss auf die Zukunft der Vereine und unser Hobby haben?

A: Sicher – ich könnte mir vorstellen, dass während einer begrenzten Zeit die Erinnerungen an die Pandemie und die damit verbundenen Einschränkungen präsent bleiben werden,  dass das gemeinsame Betreiben von Hobbies und kulturellen Veranstaltungen einen wichtigeren Stellenwert einnehmen wird. Auf der anderen Seite könnte es Mitglieder auch bewegen, aus Vereinen auszutreten, da es ja in den letzten Monaten auch „ohne“ gegangen ist. Um die Stadtmusik Biel und das JUBIS mache ich mir da keine Sorgen, da wir auf gute Strukturen und einen gesunden Mitgliederbestand zurückgreifen könne, aber was geschieht in Vereinen, die vor der Pandemie schon um Mitglieder kämpfen mussten?

F: Was hast du im letzten Jahr so richtig vermisst?

A: Definitiv die Proben und Konzerte mit der Stadtmusik Biel. Die ungewisse Situation führte dort dazu, dass verschiedene Auftritte abgesagt werden mussten, so dass einstudierte Literatur nicht aufgeführt wurde. Du siehst dann die Kollegen nicht mehr, die sozialen Kontakte fehlen und mit der Zeit gehen dann auch die Ziele aus, um musikalisch weiter am Ball zu bleiben, weiterhin zu üben. Auch mein Instrument blieb deswegen einige Wochen im „Kistchen“…

F: Welche Tipps hast du für unsere Musikantinnen und Musikanten, die nun längere Zeit ihr Instrument versorgt hatten und sich für die erste Probe vorbereiten wollen?

A: Wichtig war für mich in dieser Zeit die Basisarbeit; jedes Mitglied soll sich selbst die Zeit nehmen und einschätzen, was es erreichen will, und dann wird an dieser Basisarbeit sauber gearbeitet. Ich selbst mache dies nicht anhand der aktuellen Musikliteratur, da ja niemand voraussagen kann, wann und wie es weitergeht, und ob diese Literatur überhaupt noch „up to date“ ist. Ich habe diesen Schritt mit sehr langen Einspielsequenzen und einfachen Etuden gemacht und dabei vor allem auf saubere Bindungen und ein fehlerfreies Spielen geachtet. Sich nie zufrieden geben mit einer fehlerhaften Version!

Ich schlage hier also vor, das Ganze geplant anzugehen, tägliches Üben mit einfacher Literatur, die jedoch sehr genau gespielt wird.

F: Wann glaubst du, wird die Blasmusikszene wieder zum Leben erweckt, bzw. können die Vereine wieder vollzählig proben?

A: Ich persönlich erhoffe mir eine rasche Verbesserung, sobald ein Grossteil der Bevölkerung geimpft ist. Dies ist jedoch bloss eine Hoffnung….  Ich denke, dass im besten Fall ab Sommer 2021 Probebetrieb und Konzerte wieder vollumfänglich möglich sind.

F: Was erhoffst du von den ersten Proben im Verein?

A: Dass die Stadtmusik Biel dort musikalisch anknüpfen kann, wo wir letzten Sommer aufgehört haben.

F: Welche Probleme erwartest du im Vereinsleben?

A: Direkte Probleme an den Proben erwarte ich keine. Ich gehe davon aus, dass unsere Mitglieder seriös auf die ersten Proben vorbereitet sind.

F: Welche Wünsche hast du für die Zukunft?

A: Dass sich die Musikgesellschaften im Seeland bald wieder an Musikfesten und Anlässen treffen und gemeinsam konzertieren und konkurrieren können.

Bruno, herzlichen Dank für das kurze Interview. Der SMV wünscht dir alles Gute.

 

Bruno Thomann wurde 1966 geboren. Er stammt aus Brügg und hat bei der Stadtmusik Biel (SMB) die Ausbildung als Musikschüler absolviert. Seine erste Musikprobe mit dem Orchester fand im Herbst 1982 statt. Im Vorstand der SMB wirkte Thomann zuerst bei der Musikkommission mit und im Alter von 23 Jahren wurde er zum Vizepräsidenten gewählt. Im 2005 rutschte er als Präsident nach und führte den Verein 11 Jahre lang. In seiner Amtszeit wurde die SMB wieder zur Nr. 1 im Seeland.

Bruno Thomann ist beruflich als Ingenieur FH, Fachrichtung Maschinenbau, tätig und Leiter des Beratungsunternehmens “swiss dispensing ag”.

 

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- Philippe Monnerat
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